Ursachen für HIV bei Blutern

Andere Zeiten, große Versäumnisse: In den 1970er und 1980er Jahren haben sich etwa 4.500 Hämophile-Betroffene mit HIV und/oder Hepatitis C (HCV) infiziert. Der Hintergrund: Ein Großteil der aus Blutplasmaspenden gewonnenen Faktorpräparate wurde aus den USA importiert und war mit Viren belastet. Bis 1985 waren dort Spender aus Risikogruppen zugelassen. Der sogenannte Alanin-Aminotransferase-Test auf Hepatitis-C-Viren wurde erst 1986 Pflicht.

Obwohl diese gesetzlichen Bestimmungen in Deutschland bereits seit längerer Zeit galten und seit 1981 ein Pasteurisierungsverfahren auf dem Markt war, das HIV und HCV unschädlich macht, wurden die importierten Blutprodukte ohne weitere Maßnahmen in Verkehr gebracht.

Für dadurch mit HIV-Infizierte wurde folglich 1995 ein Entschädigungsgesetz beschlossen, das erst 2017 erneut angepasst wurde (mehr dazu unter Finanzielle Hilfe). Für HCV-Infektionen, die auf verunreinigte Blutprodukte zurückgehen, gibt es allerdings bis heute keine Entschädigungsregelung.

Das Krankheitsbild AIDS

Eine HIV-Infektion wird im Alltag oft mit dem Krankheitsbild AIDS gleichgesetzt. Allerdings bezeichnet AIDS nur die ausgeprägteste vierte Phase der Infektion mit dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV). Das Virus zerstört unsere wertvollen Wächter des Immunsystems, die T-Helferzellen. Ohne diese Zellen erkennt der Körper Bakterien, Viren und Pilze nicht, die in der Folge für den Organismus schädlich werden.

Unbehandelt verläuft die HIV-Infektion in vier Stufen:

Akute Infektion

Nach Ansteckung vermehrt sich HIV sehr schnell und führt bei den meisten Betroffenen nach zwei bis vier Wochen zu grippeartigen Symptomen. Bereits jetzt werden die Helferzellen im Körper, auch CD4-Zellen genannt, sehr stark angegriffen. Der Körper beginnt mit der Produktion von Antikörpern, die nach sechs Wochen mit einem Labortest nachweisbar sind.

Wichtig zu wissen: Viruslast und abnehmende Anzahl an CD4-Zellen sind essenzielle Kenngrößen für das Fortschreiten der Erkrankung.

HIV-Infektion mit Symptomen

Durch die gebildeten Antikörper nimmt die Viruslast langsam ab. In dieser Zeit sind Infizierte beschwerdefrei beziehungsweise leiden nur unter schwachen Symptomen. Das Virus schädigt den Körper allerdings weiterhin und die Patienten bleiben potenzielle Überträger von HIV. Dieser Prozess kann Jahre andauern, sodass eine Infektion häufig unerkannt bleibt.

HIV-Infektion mit Symptomen

Wenn das Immunsystem so sehr geschädigt ist, dass es der Virusvermehrung nicht mehr entgegensteuern kann, kommt es zum Durchbruch von Beschwerden wie Lymphknotenschwellungen, Fieber, Durchfall, Nervenschädigungen oder anderen Infektionskrankheiten.

AIDS

Die schwerwiegendste Form der HIV-Infektion ist das Krankheitsbild AIDS: „Acquired Immunodeficiency Syndrome“ – erworbenes Immunschwächesyndrom. Dabei kann es zu Lungenentzündungen, starkem inneren Pilzbefall oder auch bestimmten Krebsarten kommen.

HIV-Medikation: Hochaktive Antiretrovirale Therapie (HAART)

Bereits zehn Jahre nach Entdeckung des HI-Virus im Jahr 1983 steht mit der sogenannten hochaktiven antiretroviralen Therapie ein effektives Behandlungsschema gegen das HI-Virus zur Verfügung.

Eine Heilung ist bisher nicht möglich. Allerdings wurde die Therapie so gut weiterentwickelt, dass der Krankheitsverlauf gestoppt werden kann. So kommt es heutzutage in Ländern mit guter medizinischer Versorgung nur noch selten zum Ausbruch von AIDS. Ist die Behandlung erfolgreich, sind die Viren sogar nach einiger Zeit nicht mehr im Blut nachweisbar. Die Erkrankung kann dann auf sexuellem Wege nicht mehr übertragen werden. Man spricht hier von „Viruslast unterhalb der Nachweisgrenze“.

Voraussetzung dafür ist eine frühzeitige Diagnose mittels Labortest und anschließendem Start der Therapie. Für erste Hinweise auf eine HIV-Infektion können auch Selbsttests hilfreich sein. Diese wenden Sie selbstständig zu Hause an.

Die HIV-Therapie wird individuell abgestimmt und mithilfe regelmäßiger Resistenzanalysen laufend angepasst. Als Kriterien für die Auswahl der entsprechenden Medikamente werden

  • der Patientenalltag,
  • Nebenwirkungen sowie
  • Begleiterkrankungen

herangezogen. Eine antiretrovirale Therapie setzt sich immer aus mehreren Wirkstoffen zusammen, die heutzutage oft in einer einzigen Tablette verpresst sind.

Zum Einsatz kommen:

Entry-Hemmer

  • CCR5-Antagonisten
  • CD4-Blocker
  • Fusionshemmer
  • Attachment-Inhibitoren

 

Sie verhindern, dass HIV an die körpereigenen Zellen bindet und in diese eindringt. Die jeweiligen Untergruppen blockieren dafür entweder Rezeptoren, die HIV zum Andocken an die Zellen benötigt, halten das Virus auf Abstand oder greifen an einem Viruseiweiß an.

Virusenzym-Hemmer

  • Reverse-Transkriptase-Hemmer (NRTI, NNRTI)
  • Integrase-Hemmer
  • Protease-Hemmer

Das HI-Virus braucht bestimmte Enzyme wie „Reverse Transkriptase“, „Integrase“ und „Protease“ zur Vermehrung. Durch Blockade dieser Enzyme beziehungsweise Einbau falscher Enzymbausteine kann dieser Prozess verhindert werden.

Capsid-Hemmer

Die DNA der HI-Viren ist von einer Transporthülle, dem sogenannten „Capsid" umgeben. Durch Capsid-Hemmer wird deren Aufbau gestört, sodass das Erbmaterial vorzeitig abgebaut wird und damit die Körperzellen nicht erreicht.

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Besonderheiten der Medikation bei Hämophilen

Bei Hämophilen besteht eine HIV-Infektion aufgrund der angesprochenen Versäumnisse oftmals seit 20 Jahren. Resistenzen sind im Vergleich zu anderen HIV-Betroffenen häufiger anzutreffen, weshalb auf Kombinationsbehandlungen zurückgegriffen wird, die sich an diesen Resistenzen orientieren. Jede Substanzklasse der HI-Medikation geht potenziell mit speziellen Nebenwirkungen einher. Die folgende Tabelle bietet eine Auswahl der bekanntesten unerwünschten Wirkungen, die speziell für Bluter relevant sind, sowie daraus folgende Maßnahmen.

NebenwirkungMaßnahme
Erhöhtes Risiko für HerzinfarkteBeobachtung der Blutfettwerte
Erhöhte BlutungsneigungBeobachtung des Blutungsverhaltens, gegebenenfalls Anpassung der Faktorgabe
HepatitisGroßzügige Interferon- und Ribavirin-Gabe
FettleberBeobachtung der Leberwerte, Reduktion von Alkohol/Übergewicht, vermehrt körperliche Aktivität

 

Neben diesen speziellen Nebenwirkungen kommt es bei HIV-Medikationen häufig zur sogenannten Lipodystrophie, dem Körperfettabbau an Wangen, Gesäß, Armen und Beinen sowie einem gleichzeitigen Ansetzen von Fett an Hals, Nacken und Bauch. Auch von Übelkeit und Durchfällen ist häufig die Rede, sodass eine stuhlregulierende Medikation (beispielsweise mit Loperamid oder Flohsamenschalen) nötig werden kann. Eine kontinuierliche Überwachung der Patienten und Anpassung ihrer Therapieregime sowie eine regelmäßige Einnahme der verschriebenen Medikamente sind daher ungemein wichtig für den Erfolg der Behandlung.

Unterstützende Maßnahmen

Da einige der eingesetzten Medikamente leberschädigend wirken, sollte der Alkoholkonsum so weit wie möglich eingeschränkt werden. Rauchverzicht und regelmäßiger Sport werden empfohlen, um den kardiovaskulären Nebenwirkungen einiger Arzneimittel zu begegnen und das Risiko für Herz-/Kreislauferkrankungen zu reduzieren. Weiterhin sollten Untersuchungen in regelmäßigen Abständen stattfinden, insbesondere auf

  • Herzerkrankungen (EKG, Ultraschall),
  • Leber- und Nierenschäden (Ultraschall, Fibroscan, Labor) und
  • Krebserkrankungen (Röntgen, Koloskopie).

Finanzielle Hilfe

Seit die Bundesregierung 2019 die Finanzierung der Stiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“ übernommen hat, können sich Betroffene auf fixe monatliche Geldbeträge verlassen.

Das 2017 abgeänderte HIV-Hilfegesetz (HIVHG) garantiert durch mit Blutspenden mit HIV Infizierten ein Leben lang monatlich 766,94 Euro. AIDS-Erkrankte erhalten 1533,88 Euro. Die Gelder sind einkommenssteuerfrei und werden ohne Prüfung der finanziellen Verhältnisse gewährt.

Auch Ehepartner oder Kinder von Betroffenen, die versterben, haben Anspruch auf 511,29 Euro monatlich – Ehepartner bis zum Ablauf des fünften Jahres nach Beginn der Zahlungen und Kinder bis zum Abschluss der Berufsausbildung, maximal bis zum Ablauf des 25. Lebensjahres. Die aktuelle Inflationsrate wird berücksichtigt und die Förderung beständig daran angepasst.

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