Impfen – eine deutliche Empfehlung

Für Menschen mit Hämophilie oder anderweitig erhöhter Blutungsneigung gelten dieselben Impfempfehlungen wie für gesunde Menschen.

Das betrifft sowohl die Schutzimpfungen von Säuglingen und Kleinkindern (beispielsweise Impfungen gegen Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten oder Pneumokokken) als auch die Impfungen im Erwachsenenalter, wie beispielsweise die Grippeschutzimpfung oder eine kommende Impfung gegen das Corona-Virus SARS-CoV-2.

Herausgegeben werden diese Empfehlungen von der STIKO, der ständigen Impfkommission des Robert-Koch-Instituts.

Diese hat außerdem eine klare Richtlinie für das Impfen von Personen mit Blutungsneigung herausgegeben.

Blutungen vorbeugen

Eine Impfung ist auch immer eine Verletzung. Für die Impfung von Hämophilie-Patienten gibt es daher Tipps und Richtlinien, die eine starke Blutung verhindern sollen. Empfohlen wird besonders, das subcutane (kurz s.c.) Impfen, wann immer es möglich ist. Hierbei wird der Impfstoff in das Gewebe unterhalb der Haut appliziert. Die Nadel muss so weniger tief eindringen als bei einer intramuskulären (kurz i.m.) Impfung.

Falls keine subcutane Impfung möglich ist, weil es beispielsweise keinen Impfstoff mit der entsprechenden Zulassung gibt, kann auch intramuskulär geimpft werden. Dabei werden Maßnahmen ergriffen, um die resultierende Blutung zu stoppen.

  • Impfen mit einer möglichst dünnen Nadel
  • Kühlen der Impfstelle (z.B mit dem Coolpack aus unserer kostenlosen Starter-Box)
  • Kompression der Impfstelle für mindestens 2, besser 15 Minuten
  • Gabe von Gerinnungsfaktoren

Übrigens: Das RKI stellt eine Liste zur Verfügung, auf welcher alle Impfungen mit den möglichen Verabreichungsarten aufgelistet sind.

Impfen und Hemmkörper

Wenn durch die Impfung das Immunsystem aktiviert wird, steigt dann nicht auch das Risiko der Hemmkörperbildung gegen Faktor VIII? Aus dieser Sorge heraus wurde häufig empfohlen, einen Zeitabstand zwischen Impfung und Gabe von Gerinnungsfaktoren einzuhalten. In einer 2017 veröffentlichten Studie von PedNet (Pediatric Network on haemophilia management) wurde diese Theorie untersucht. Die Wissenschaftler verglichen die Hemmkörperbildung bei jungen Patienten, die Faktor VIII kurz nach der Impfung erhielten, mit der Hemmkörperbildung bei jungen Patienten, die erst 24, 72 oder 120 Stunden nach der Impfung ihr Faktorpräparat erhielten. In jeder Gruppe entwickelte eine vergleichbare Anzahl von Patienten Hemmkörper. Zum selben Ergebnis kam eine kleinere Versuchsgruppe mit Hämophilie-B-Patienten.

Für Interessierte haben wir eine Zusammenfassung der Studie in den Quellen verlinkt.

Es ist also davon auszugehen, dass ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Impfung und der Gabe von Faktorpräparaten nicht zur Bildung von Hemmkörpern beiträgt. Zur Impfung während einer Immuntoleranztherapie gibt es jedoch keine gesicherten Daten, weshalb viele Ärzte davon abraten.

Hausarzt, Kinderarzt, Facharzt – Wer impft?

Grundsätzlich dürfen alle Ärzte in Deutschland einen Hämophilie-Patienten impfen. Von wem Sie die Impfung durchführen lassen möchten, ist zunächst einmal Ihre Entscheidung. Einige Kinder- oder Hausärzte werden Sie dennoch an Ihr Hämophilie-Zentrum verweisen. Wenn Sie persönlich unsicher bezüglich der Impfung sind, ist Ihr primärer Ansprechpartner für die Hämophilie-Erkrankung (sei es ein Hämophiliezentrum, der Kinderarzt oder der Hausarzt) die richtige Anlaufstelle.

Bei einem Arztwechsel kann es außerdem vorkommen, dass Impfungen, die zuvor intramuskulär gegeben wurden, nun subcutan gegeben werden oder umgekehrt. Das hat mit der Zulassung des Impfstoffs und der Haftung des Arztes zu tun. Sind Impfstoffe nur für die intramuskuläre Verabreichung zugelassen, haftet bei subcutaner Applikation der Arzt persönlich für mögliche Schäden. Das bezeichnet man auch als Off-label-use. Haben Sie deshalb bitte Verständnis, wenn der Arzt nicht subcutan impfen möchte oder Sie bittet, einen Haftungsausschluss zu unterschreiben.


Quellenangaben

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