Impfen – eine deutliche Empfehlung
Für Menschen mit Hämophilie oder anderweitig erhöhter Blutungsneigung gelten dieselben Impfempfehlungen wie für gesunde Menschen.
Das betrifft sowohl die Schutzimpfungen von Säuglingen und Kleinkindern (beispielsweise Impfungen gegen Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten oder Pneumokokken) als auch die Impfungen im Erwachsenenalter, wie beispielsweise die Grippeschutzimpfung oder eine kommende Impfung gegen das Corona-Virus SARS-CoV-2.
Herausgegeben werden diese Empfehlungen von der STIKO, der ständigen Impfkommission des Robert-Koch-Instituts.
Diese hat außerdem eine klare Richtlinie für das Impfen von Personen mit Blutungsneigung herausgegeben.
Blutungen vorbeugen
Impfen und Hemmkörper
Wenn durch die Impfung das Immunsystem aktiviert wird, steigt dann nicht auch das Risiko der Hemmkörperbildung gegen Faktor VIII? Aus dieser Sorge heraus wurde häufig empfohlen, einen Zeitabstand zwischen Impfung und Gabe von Gerinnungsfaktoren einzuhalten. In einer 2017 veröffentlichten Studie von PedNet (Pediatric Network on haemophilia management) wurde diese Theorie untersucht. Die Wissenschaftler verglichen die Hemmkörperbildung bei jungen Patienten, die Faktor VIII kurz nach der Impfung erhielten, mit der Hemmkörperbildung bei jungen Patienten, die erst 24, 72 oder 120 Stunden nach der Impfung ihr Faktorpräparat erhielten. In jeder Gruppe entwickelte eine vergleichbare Anzahl von Patienten Hemmkörper. Zum selben Ergebnis kam eine kleinere Versuchsgruppe mit Hämophilie-B-Patienten.
Für Interessierte haben wir eine Zusammenfassung der Studie in den Quellen verlinkt.
Es ist also davon auszugehen, dass ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Impfung und der Gabe von Faktorpräparaten nicht zur Bildung von Hemmkörpern beiträgt. Zur Impfung während einer Immuntoleranztherapie gibt es jedoch keine gesicherten Daten, weshalb viele Ärzte davon abraten.
Hausarzt, Kinderarzt, Facharzt – Wer impft?
Grundsätzlich dürfen alle Ärzte in Deutschland einen Hämophilie-Patienten impfen. Von wem Sie die Impfung durchführen lassen möchten, ist zunächst einmal Ihre Entscheidung. Einige Kinder- oder Hausärzte werden Sie dennoch an Ihr Hämophilie-Zentrum verweisen. Wenn Sie persönlich unsicher bezüglich der Impfung sind, ist Ihr primärer Ansprechpartner für die Hämophilie-Erkrankung (sei es ein Hämophiliezentrum, der Kinderarzt oder der Hausarzt) die richtige Anlaufstelle.
Bei einem Arztwechsel kann es außerdem vorkommen, dass Impfungen, die zuvor intramuskulär gegeben wurden, nun subcutan gegeben werden oder umgekehrt. Das hat mit der Zulassung des Impfstoffs und der Haftung des Arztes zu tun. Sind Impfstoffe nur für die intramuskuläre Verabreichung zugelassen, haftet bei subcutaner Applikation der Arzt persönlich für mögliche Schäden. Das bezeichnet man auch als Off-label-use. Haben Sie deshalb bitte Verständnis, wenn der Arzt nicht subcutan impfen möchte oder Sie bittet, einen Haftungsausschluss zu unterschreiben.
Quellenangaben
- "Vaccinations are not associated with inhibitor development in boys with severe haemophilia A - H."
Platokouki, K. Fischer - 15 December 2017
Abstract: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1111/hae.13387 - DHG-Vortrag: Impfen bei Hämophilie, Dr. Carmen Escuriola
- https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/AllgFr_Kontraindi/FAQ06.html
- https://www.g-ba.de/themen/arzneimittel/arzneimittel-richtlinie-anlagen/off-label-use/
- https://www.isth.org/news/556057/ISTH-Statement-on-AstraZeneca-COVID-19-Vaccine-and-Thrombosis.htm
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